Die Czarnowanzer Glashütte
eine private Internetseite - Stand Juli 2007
erstellt von Astrid Dolejsch
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Die Czarnowanzer Glashütte wurde 1755 durch Abt Eustachius Hufnagel vom Kloster Czarnowanz auf Veranlassung Friedrich des Großen gegründet.
Sie liegt nördlich der Kreisstadt Oppeln.
Ein Ausschnitt aus der Homannschen Karte von 1736:
Murow ist nur als Murower Bruck eingezeichnet,
vor Gründung der Glashütte 1755 gab es von der einstigen slawischen Siedlung nur noch den Namen, eine Brücke über den Budkowitzer Bach inmitten eines großen Waldgebietes
ein Ausschnitt einer Karte von 1910 aus
general map of Central Europe (1:200 000)
Nach Scheitza (4) lag die Brinnitzer oder Czarnowanzer Glashütte inmitten großer, dichter Wälder in sumpfigem Gelände, eine Meile östlich von dem Dorfe Brinnitz, zwei Meilen vom Kloster Czarnowanz (Klosterbrück) entfernt. In Brinnitz gab es eine Pottaschesiederei. Weiter heißt es, dass der Schmelzofen aus sieben Häfen gebaut gewesen sei, aus vier Häfen wurde böhmisches Tafelglas, aus zwei Häfen grünes Flaschen- und Scheibenglas und aus einem Hafen weißes Kreideglas und "Hohlwerk" für Bier- und Weingläser hergestellt.
Zur Heizung des Ofens wurde nur Holz vewendet.
Es wird von den Experimenten des Glasmeisters GREINER berichtet.
Fechner (3) nennt bereits den Vornamen: FRANZ GREINER hieß der Glasmeister, der aus Böhmen gekommen sei.
1763 sei jedoch noch kein weißes Glas gefertigt worden. GREINER versprach weitere Glasschleifer und Vergolder aus Böhmen anzuwerben, was ihm jedoch nicht gelang.
Dieser Glasmeister FRANZ GREINER dürfte um 1717 geboren sein, denn sein Sterbeintrag findet sich in den Brinnitzer Kirchbüchern.
Am 17.3.1774 stirbt Franz Greiner, 57-jähriger Glasmeister (aus) Dymatz.
In dem Kirchbuch erscheint im 18.Jhd. noch konsequent die Ortsbezeichnung DYMATZ für die Czarnowanzer Glashütte. Es ist auch nicht exakt zu belegen, wo die Glashütte "DYMATZ" genau stand. Wir wissen nur, dass es anfangs mehr als eine Hütte gab. Czihak (2) spricht von Filialhütten in Grabczok und Horst. 1813 wurde zu Alt-Kupp eine Filialhütte in Betrieb genommen, sie ist noch in der Karte von 1910 zu sehen.
Der Name DYMATZ wird später durch GLASHÜTTE ersetzt und etwa bis 1870 unterschied man bei den Kirchbucheintragungen auch zwischen dem Dorf Murow und Glashütte. Danach wurde GLASHÜTTE offensichtlich zu Murow eingemeindet.
Aufgrund der Auswertung der Brinnitzer Kirchbücher glauben wir jedoch, dass FRANZ GREINER nicht der erste Glasmeister war, sondern ein GREGORIUS GREINER. Möglich, aber nicht belegt, dass er der Vater des Franz Greiner war.
Als FRANZ GREINER 1774 stirbt, wird sein Nachfolger zunächst Schwiegersohn PROCOPIUS SANDIG. Das belegt ein Taufeintrag seiner Tochter Marianna von 1776:
Glaßhütte 18. August 1776
Ist allhier des Glaßmeisters Precopius Sandiger von seinem Weibe Marianna
den 17ten nach (?)5 Uhr nachmittags gebohrenes Töchterlein zur heyl.Taufe gebracht desselbigen der Nahme Marianna beygelegt worden
PROCOPIUS SANDIG hatte 1765 eine Tochter des FRANZ GREINER geheiratet:
oo 27.5.1765 heiratete der Jungeselle Procopius Sandig B??? aus Hirschberg in Böhmen die Jungfrau Marianna, Tochter des Herrn Franz Greüner Fabrica vitarea magistri (Glasmeister)
Trauzeugen: Laurentig Fack und Valentinus Gbm aus Brinnitz
Erst später wirkte der bei Zoedler (1) genannte JOHANN FEIGEL, dessen Sterbeeintrag man ebenfalls im Brinnitzer Kirchenbuch findet.
Am 15.3.1788 starb 35 Jahre alt der Meisterglaser Johann Feigel am hitzigen Fieber.
Nachfolger des JOHANN FEIGEL wurde nach Zoedler (1) der Glasmeister ANTON GRAF, unter dem die Hütte einen Aufschwung nahm, denn er stellte 1803 Glaswaren im Wert von 2500 Talern her und lieferte für den Herzog von Württemberg nach Carlsruhe.
Auch ANTON GRAF findet man im Brinnitzer Kirchenbuch, bei der Hochzeit seines Sohnes.
Brinnitz, den 8.ten May 1792
Sind allhier getraut worden der junge Herr Joseph Graf, Sohn des H.(=Herr??) Anton Graf Glasmeister von hießiger Glashütte mit der Jungfer Franciska,
Tochter des ??vJoseph Rasim Forstverwalter von Brinnitz
hat copuliert P:Stanislaus Adm
Zeugen: Nicolaus Schaale Glasmacher und Martin Aschenbrenner dito, beide von Glashütte
Alter des Bräutigam 26 Jahre; Alter der Braut 23 Jahre
Der junge Bräutigam stirbt leider schon bald.
Glashütte, den 18.Januar 1795
Ist allhier begraben worden Joseph Graf junger Glasmeister, welcher den 16.hujus gestorben
22 Jahr / an Kolik
In seinem Hochzeitseintrag von 1792 stehen als Zeugen zwei Glasmacher.
NICOLAUS SCHAALE und MARTIN ASCHENBRENNER
Da auch Martin Aschenbrenner in Brinnitz geheiratet hat, wissen wir, dass er aus Friedrichshain bei Spremberg (in der Nähe von Cottbus) gekommen ist.
Glashütte, den 14.ten November 1790
Ist allhier getraut worden der Junggeselle Johannes Martinus Aschenbrenner, Glasmacher von der Friedrichsheimer Glashütte bey Sprenberg
mit der Jungfer Theresia Tochter des Johannes George Schaale, Glasmacher von Gwozdzaner Glashütte
aber die Brautleute halten sich jetzt auf der hießigen Glashütte
hat copuliert P. Stanislaus ??
Zeugen: Fantz Tschwerske Glasmacher und Nicolaus Schaale dito; beide aus der Glashütte
Alter des Bräutigam: 23 Jahre
Alter der Braut: 21 Jahre
1792 taucht bei einer Hochzeit der Name BISCHOF auf. Die Zeugen sind teilweise bekannt.
Glashütte, den 8.Juli 1792
Es heiratet der Junggeselle Johannes Bischof Glasmacher, die Jungfer Marianna Waleschin
beide aus Glashütte
Zeugen: Nicolaus Schaale Glasmacher und Joseph Schaale dito, beide von Glashütte
Alter der Brautleute 25 und 21 Jahre
Ab 1800 lassen sich unsere Glasmacher-Vorfahren in Murow nachweisen. Offensichtlich gab es eine Verbindung zu der Gwosdzaner Glashütte bei Guttentag bzw. Lublinitz.
Glashütte, den 2. Februar 1800
Sind allhier getraut worden der Junggeselle Franz Grainer
Sohn des verstorbenen Johannes Grainer Glasmacher aus der
Gwosdzaner Glashütte
mit der Jungfer Agnes Tochter des verstorbenen Lorenz Cichy Einlieger von Murow
jetzt halten sich beide auf der Czarnowanzer Glashütte
hat copuliert P.Laurentius Rinke
Zeugen: Valentin Kawka Glasmacher, Michael Bischof dito
beide von Glashütte
Alter: Bräutigam 22 Jahre; Braut 21 Jahre
Wir erkennen, dass inzwischen die anfangs gebräuchliche Ortsbezeichnung Dymatz durch Glashütte ersetzt wurde. Sicher war die Glashütte und eine evtl. dazugehörende Siedlung der Glasmacher um 1790 noch vom wieder wachsenden Dorf Murow getrennt.
Um 1870 sind die beiden Ortsteile wohl zusammen gewachsen.
Bei Triest (6) kann man nachlesen, dass 1789 auf Anordnung des Prälaten von Czarnowanz die Colonie Hermannsthal erbaut wurde.
Diese wird auf gerodeten Flächen entstanden sein, Glashütten hatten zu dieser Zeit einen immensen Bedarf an Holz.
(Unter dem Namen Hermannsthal wird das slawisch klingende Murow die Nazi-Zeit überstehen).
Zur Lage der Glashütte wird Triest (6) 1864 sehr konkret, sie sei an der Chaussee von Kupp nach Creutzburgerhütte (=Friedrichsthal) gelegen.
Dieser Standort ist auch auf der Karte von 1910 eingezeichnet.
Zimmermann (7) schreibt dagegen noch 1784 in seinen Buch "Beyträge zur Beschreibung von Schlesien" Band 3 im Kapitel zur Beschreibung des Kreises Oppeln von einer Glashütte "ohnweit der Kolonie Horst".
Dieser Standort war deutlich südlicher - Horst liegt zwischen den heutigen Ortschaften Brinnitz und Czarnowanz. Vgl. dazu die Beschreibung der Glashütte nach Scheitza.
1806-1813: Besetzung durch Napoleon, wirtschaftlicher Niedergang
Säkularisationsedikt vom 30. 10. 1810
Es erklärte das Breslauer Domstift, Abteien und Klöster samt ihrer Güter und Liegenschaften zum Staatseigentum.
Die Murower Glashütte gehörte bis 1810 dem Kloster Czarnowanz, durch Säkularisierung kam sie zum Staat Preußen und die Glasproduktion wurde vorübergehend 1820 eingestellt.
1834 wurde die Hütte vom Preußischen Staat an den Gastwirt Ebstein verkauft, der sie wieder erfolgreicher betrieb. 1891 war die Hütte mit 194 Arbeitern der größte Glasbetrieb in Oberschlesien.
Nach Czihaks Glashütten-Verzeichnis für 1890 ist Besitzer der Glashütte in Murow H.Ebstein Söhne.
1899 wurde die Hütte erweitert, nach 1930 das Glasziehverfahren nach Fourcault eingeführt. Die Hütte überstand schwer beschädigt den 2. Weltkrieg, wurde danach aber wieder in Betrieb genommen und arbeitete bis sie 1995 Konkurs anmelden musste.
Heute beruft sich die Aktiengesellschaft Vitroterm-Murów, einer der größten Produzenten der Verbundverglasung auf dem polnischen Markt, auf die Tradition von 1755.
Quellen:
1.) Dietmar Zoedler:
Schlesisches Glas, Schlesische Gläser
Würzburg 1995
ISBN 3870572086
Kurzbeschreibung
2.) E.v.Czihak:
Schlesische Gläser
Eine Studie über die schlesische Glasindustrie früherer Zeit
nebst einem beschreibenden Katalog der Gläsersammlung des Museums schlesischer Altertümer zu Breslau
Breslau 1891
3.) Prof.Dr.H.Fechner:
Die schlesische Glasindustrie unter Friedrich dem Großen und seinen Nachfolgern bis 1806
Breslau 1892
erschienen im Band 26 der Zeitschrift des Vereins
für Geschichte und Altertum Schlesiens
4.) P.Rochus Scheitza S.V.D.
Die Prämontratenser im Kloster Czarnowanz
5.) Verfilmungen von katholischen Kirchbüchern aus Brinnitz und Guttentag
6.)Topographisches Handbuch von Oberschlesien von Felix Triest
2 Bände, Jan Thorbeck Verlag, Sigmaringen 1984, Reprint des 1864 erschienenen Originals
7.) Zimmermann 1784
Beyträge zur Beschreibung von Schlesien - Band 3
© 2007 by Astrid Dolejsch